Naturerlebnisse in Chile
Nach nur gut zwei Wochen dahoam aus Afrika, startete ich am 16. April zu einer Reise nach Chile, um ein Sägewerk in Betrieb zu nehmen und die zukünftigen Säger einzuschulen. Dazwischen hatte ich mich in Bad Endorf, mit dem Bau meiner Mehrgenerationensiedlung, bei der mittlerweile bereits 4 Häuser stehen, noch viel zu kümmern.
In Paris freute ich mich, als ich drei Plätze am Fenster, in Reihe 43, der Boing 777, für den langen vierzehnstündigen Flug nach Santiago, für mich alleine hatte. Es war der letzte Dreireiher vor dem Wechsel zu den Zweierreihen. Leider musste ich aber schnell feststellen, dass es die einzige Reihe war, bei der sich die Armlehnen nicht hochklappen ließen. Ich legte mich dann zum Schlafen auf den Boden. Leider weckte mich das Flugpersonal immer wieder, weil das bei Air France verboten war. Für mich nicht nachvollziehbar, da man auf den Sitzen liegen durfte.
Aber auch 36 Stunden von Haus zu Haus gehen vorüber. Und so freute ich mich sehr, meine Tochter Veronika mit ihrer 18 Monate alten Tochter, nach über 2 Monaten wieder zu treffen. Sie kümmert sich seit Mitte Februar um die Verwaltung meines Mercados und kann mittlerweile besser Spanisch als ich.
Da wegen eines Streiks der Hafenarbeiter das Serra-Sägewerk um 4 Tage später ankam, hatten wir ein langes Wochenende zusammen. Unter anderem besuchten wir hinter dem Vulkan Villarrica eines der Thermalbäder. Es gibt dort mehrere heiße Quellen. Die Landschaft, bei der Fahrt auf unbefestigten Straßen über ein Hochtal, sieht so aus, wie ich sie mir wenige Jahre nach den Rodungen bei uns im Mittelalter vorstelle. Schafe, Ziegen und Rindern weiden zwischen langsam verrottenden Bäumen und Baumsümpfen. Die steilen Berghänge links und rechts des Weges, sind noch alle mit Urwald bewachsen.
Das heiße Wasser kommt an mehreren Stellen direkt aus dem steilen Hang und wird in primitiven flachen Becken aufgefangen, ehe es in den kalten Gebirgsfluss daneben fliest. Dieser wird gespeist von einem grandiosen Wasserfall gleich hinter den Becken, der sich aus dem dichten Urwald stürzt. Über den Becken liegen umgestürzte, mit von der Feuchtigkeit, mit Moos bewachsende Baumstämme und den nahen Hängen rundum holen sich Kolibris den Nektar aus den Blüten der zahlreichen Fuchsiensträucher.
Die Serra kam pünktlich am Montag und funktionierte ohne große Probleme. Neben einem großen Sägewerk das Weichholz (Kiefern und Douglasien) sägt, soll eine kleinere Linie für Roble, ein Hartholz nahe verwandt zu unserer Buche, aufgebaut werden. Der Großvater des heutigen Besitzers bekam als Deutscher, weil man denen am meisten zutraute, vor 100 Jahren ein großes Stück Land, zur Urbanisierung. Es war reiner Urwald ohne Straße. Das Holz wurde damals mit Ochsen zum Villarrica See (etwas größer als der Chiemsee) transportiert und über den See und dessen Ausfluss, den Rio Tolten, ähnlich unserer Alz am Chiemsee, bis zu einer Bahnstation geflößt.
Bereits in den zwanziger Jahren legten die Besitzer eine parkähnliche Landschaft, verbunden mit einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung an und setzten die ersten Rothirsche in Chile aus. Freiwillig ließen sie über 200 ha Urwald stehen, der mittlerweile Biologen aus aller Welt anlockt, weil er in dieser Höhenlage der Einzige, mit einer ganz speziellen, nur mehr dort vorkommenden Flora und Fauna, ist. Sie finden dort immer wieder Tiere und Pflanzen, die es sonst nirgends mehr auf der Welt gibt.
Die Indianer hier werden leider immer aggressiver. Sogar ein paar befreundete von „unseren friedlichen Indianern“ in Villarrica, die sich im Markt ihren Lebensunterhalt verdienen, fahren zum Demonstrieren in die nächste größere Stadt Temuco, oder noch weiter. Sie wollen ihr Land zurück, weil sie mit Spanien 1884 einen Vertag für ein eigenes Land von ca. 500 km Länge und 180 km Breite, der durchschnittlichen Breite Chiles, abgeschlossen haben, auf den sie sich jetzt berufen. Das interessiert aber wiederum die Chilenen, die sie 1890 besiegten nicht mehr. Ich finde es auch von Seiten der Maputche nicht gerecht. Haben sie doch alle Vergünstigungen. Angefangen von Schulen, Krankenhäusern, Handys und guten Straßen für öffentliche Verkehrsmittel und für ihre Autos, mit denen sie zum Demonstrieren fahren. Ziemlich fies ist es, dass sie Ländereien erst dann besetzen, wenn die von Weißen aufgezogenen Nutzwälder hiebreif sind. Um das durchzusetzen, zünden sie dann immer wieder Wälder, Scheunen oder Maschinen an, bis die Besitzer mürbe werden und das Land teuer an den Staat verkaufen, der es dann den Maputche letztendlich geben muss. Das Problem ist, dass es die Grundstückspreise nach oben treibt.
Z. B. die Indianern Meliana, eine von ca. 10 Indianern, die im Markt arbeiten und die bei uns ein gutes Auskommen haben, sagt neuerdings, sie sei keine Chilenen, sondern eine Maputche. Wir haben mit ihnen, auch mit Melina ein gutes Verhältnis und geben ihnen die Pacht gegenüber den chilenischen Pächtern, um 20 % billiger. „Indianerrabatt“. Das Problem ist nur, dass es auch Mischlinge gibt - und wo ist die Grenze zur Vergünstigung? Aber bis jetzt gab es keine Spannungen. Anderseits bin ich froh, dass sie das Vertrauen zu uns haben, denn sie sind zu uns Grigos von Natur aus Misstrauisch. Sie bringen das exotische in unseren Mercado, was wiederum viele Touristen anzieht. Leider ist der Schamane, der alle paar Tage eine Zeremonie zum Fernhalten der bösen Geister bei uns abhielt, im November gestorben. Hoffentlich merken die Geister das nicht so schnell, dass er nicht mehr da ist...
Bei solchen Geschichten stelle ich mir immer lebhaft vor, wie wohl bei unsern Vorfahren die ersten paar hundert Jahre das Verhältnis zwischen Kelten, Römern und Germanen war, ehe sie sich immer mehr vermischten. Gut kann ich mich auch noch an die Bomben der Südtiroler erinnern, die sich damit eine starke Autonomie erkämpften. Oder Nordirland und in jüngster Zeit der arabische Frühling. Chile ist mit diesem Problem sicher nicht alleine auf der Welt.
Am Montag kam ich nach 37 Stunden von Haus zu Haus wieder heim. Genug Zeit zum Nachdenken hat man auf den fast vierzehnstündigen und 12 000 km langen Flug von Santiago nach Paris und man kommt dabei nicht umhin, an den Flugzeugabsturz auf dieser Route, von vor ein paar Jahren zu denken. Das war damals ein Airbus und jetzt war es eine Boing. Allerdings nur mit 2 Triebwerken. Na ja, „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, heißt es schon in der Bibel! |