Wenn man an Kenia denkt, dann denkt man an Palmen und Strand, tanzende Ureinwohner und an Safariparks, so wie für einen Ausländer, das Klischee Bayerns, oft Schuhplattler, Hofbräuhaus und Bier sind. Ich hatte vor, viel herumzureisen, aber ich blieb die ganze Zeit im Hochland zwischen 2000 und 2700 m in dem auch am „Start“ stehenden Landes. Die meisten der 45 Millionen Einwohner leben im angenehmen Klima des Hochlandes, was ca. 30 % des Landes einnimmt. Kenia ist rund 1,5 mal so groß wie Deutschland, aber die Hälfte ist trockne Savanne bis Wüste. Nur 2,5 % sind noch Wald. Er wächst allerdings 3 bis 4 mal so schnell wie bei uns. Wie groß Afrika ist und wie fruchtbar Europa wurde mir beim Heimfliegen wieder mal deutlich. Schon eine viertel Stunde nach dem Start sieht man nur noch Wüste und es endet erst nach rund 3500 km am Mittelmehr.
Ganz kurz: Ich kam nach Kenia, um das erste Serra-Sägewerk zusammen mit unserem Schweizer Vertreter einzuschulen und lernte interessante Menschen kennen, bekam viel Einblick hinter die Kulissen und erlebte sicher mehr, als ein Tourist. Leider konnte ich meine Berichte aus Kenia nicht absenden, deshalb kommt alles auf einmal, vo Dahoam aus. Wenn es Dir zuviel wird zum Lesen, bin ich Dir auch nicht böse. Ich hatte einfach viel Zeit zu Schreiben.
28. 12. 2011. Gebucht hatte ich bei KLM. Von München nach Paris befand ich mich dann allerdings in einer Air France Maschine und von Paris nach Nairobi, in einer Boing der Kenia Airline. Da sich die Sitzlehne nicht nach hinten stellen lies, hatte man mir einen anderen Sitz anboten, bei dem aber dafür die Leselampe nicht brannte. „Hoffentlich ist die Wartung der Technik ebenso gut wie der wirklich exzellente Service an Bord“, dachte ich mir, „dann feid se scho nix“! Als Meister der Landwirtschaft erinnere ich mich bei derartigen Flügen immer an den Bibelsatz: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“!
Die 40.- € für das Visa störten mich nicht so wie die Tatsache, dass meine Koffer in Paris nicht zugeladen wurden. Fast Mitternacht erreichte ich dann das gebuchte Hotel, von dem mich Stephan, unser vor 24 Jahren jüngster und dadurch heute dienstältester Serra Vertreter, am nächsten Tag abholte. Mittelweile hat er in der Schweiz nicht nur 80 Sägerwerke, sondern auch eine Kenianerin zu seiner Frau und Kenia zu seiner zweiten Heimat gemacht. Erfreulicherweise hat er auch noch die erste Serra Säge in Kenia verkauft, die wir in der zweiten Januarwoche zusammen in Betrieb nehmen wollen.
Mit seinem 30 Jahre alten Geländewagen, den er sich zu seinem Sabbatjahr vor 7 noch in der Schweiz kaufte, fahre ich mit ihm das zweite Mal, 4 Stunden in Richtung Norden, nach Nanyuki, wo Stephan ein Jahr lebte. Die Stadt mit 200 000 Einwohnern liegt in 2000 m Höhe am Fuße des zweithöchsten Berges Afrikas, dem Mount Kenia, 5299 m hoch. Damals machte ich, anlässlich meiner Einschulung der ersten Serra-Säge in Angola, einen Abstecher und besuchte ihn für eine Woche. Nach meinem ersten Schock, nur mit kleinem Handgepäck und der Kleidung die ich am Leib trug, in Afrika zu sein, war jetzt auch noch kein Zimmer zu bekommen, da viele aus Nairobi zum Silvesterfeiern in diese Gegend kommen. „Vielleicht morgen, falls jemand absagt“, wurde mir in gleichgültigem Bedauern mitgeteilt. Stephan hatte schon lange vorher gebucht.
In diesem Augenblick wünschte mir, diese Reise nie angetreten zu haben. Einem Mitarbeiter des Club´s muss ich aber doch leid getan haben, denn er bot mir an bei ihm schlafen. Wir fuhren zu zweit auf einem Motorradtaxi ca. 4 km raus aus der Stadt und gingen noch 500 m über vom Regen ausgewaschene Wege zu seinem Haus. Jetzt fand ich es ganz angenehm, kein Gepäck zu haben. Das Haus aus Betonsteinen und Zementmörtel gemauert, besteht aus einem Wohnzimmer und kleinen Räumen, in denen gerade mal ein Bett Platz hat. Der Dachstuhl und das Wellblechdach sind von unten sichtbar. Die Wände gehen aber nicht bis unters Dach, so dass man Schallmäßig verbunden ist. Innen ist es blitzsauber. Am Abend gab es Spagetti, nachdem die kleine Kuh, die mich an das berühmte Rimstinger Bild von Peter von Hess von 1790 erinnerte, gemolken war. Gekocht wurde auf einem Holzkohlefeuer. Es gibt weder Strom, noch Wasser, geschweige denn eine Dusche oder Klo. Das windschiefe „Häuschen“ aus 4 Wellblechplatten steht über einem Erdloch, das mit zwei Bohlen abgedeckt ist, in die wiederum ein ca. 20 x 20 cm großes Loch geschnitten ist. Als ich das sah, erinnerte ich mich an meine Kindheit, wie ich beim Nachbarn noch auf das Plumpsklo ging und meine Großmutter alte Zeitungen zu handlicher Grüße als Klopapier klein schnitt. Ich verkniff mir die Benutzung. Zum Pinkeln ging ich ins Freie, was in der Nacht allerdings erst nach dem Öffnen des großen Vorhängeschlosses möglich war, was natürlich mit unvermeidlichen Geräuschen für die zwei Kinder, ihm und seiner Frau, verbunden war.
Man kann dazu stehen wie man will, darüber zu lesen ist sicher interessant, es selber erlebt zu haben, bestimmt mehr Bereichung im Leben, als ein „all inklusiv Paket“ am Strand von Mombasa. Dieses Erlebnis machte mich nachdenklich. Ich fragte mich, wie viele der mittlerweile über 7 Milliarden Menschen wohl so, oder noch schlechter leben? Sicher 5 Milliarden. Wie empfinden unseren hohen Zivilisationsstandart mittlerweile als selbstverständlich und werden trotzdem immer unzufriedener, schimpfen über die Regierungen und wenn die mal in unseren Augen etwas gut machen, suchen wir uns was anderes, worüber wir uns aufregen können. Bürgerinitiativen sind dann das Allheilmittel um sich abzureagieren, weil man ja sonst nicht mehr viel zu tun hat. Hier geht es ums Überleben. Es hungert wahrscheinlich niemand, aber bei einem Verdienst von 60.- bis 100.- € im Monat, gibt es hier bei den Armen, im Gegensatz zu den gut Gekleideten, keine Dicken.
Am nächsten Tag, am 30. Dezember, war ich überglücklich, ein Zimmer im Golfclub war für eine Nacht storniert. Lange konnte ich allerdings nicht Schlafen, denn am Sivestermorgen läutete um 5 Uhr das Telefon. Voll Freude erzählte mir ein Kurier, dass meine Koffer angekommen sind. Er freute sich für mich wie ein Kind, mir diese gute Botschaft übermitteln zu können. An die Tageszeit hatte er dabei nicht gedacht. Leider stornierte am nächsten Tag niemand und ich musste wieder für eine Nacht wo anders hin. Dieses Mal in ein eher schäbiges Hotel, aber immerhin mir Dusche und Klo. Am Neujahrstag fand ich dann eine dauerhafte Bleibe im Club. So habe ich in den ersten 5 Tagen meines Aufenthalts, in 5 verschiedenen Betten geschlafen. Kein Gepäck zu haben, kann auch ein Vorteil sein. Jack gab mir zwei gebrauchte Hemden, eine Zahnbürste kaufte ich mir allerdings neu. Endlich hatte ich auch wieder Strom, wenn auch nur aus einer Steckdose. Aber mit Dreifachstecker konnte ich dann doch mein deutsches und kenianisches Handy, meinen Laptop, den Fotoapparat, sowie Zahnbürste und Rasierapparat laden. Braucht man ja alle, diese „Wohlstandsbelastenden Dinge“. (-;
Zum Sylvesterabend im Club kamen viele Menschen. Getanzt wurde erst im neuen Jahr, nachdem genau um Mitternacht ein großes Netz mit ein paar hundert Luftballonen, das über dem Raum hing, entleert wurde. Mit dem gleichen Eifer, mit dem bei uns Raketen abgeschossen werden, werden hier Luftballons zertreten. Vor allem für die Kinder ist es ein Erlebnis, auf das sie den ganzen Abend warten.
Diese Gegend gilt auch als Wiege der Menschheit, was man sich bei diesem Klima gut vorstellen kann. Das ganze Jahr wächst Essbares. Hier braucht es weder Heizung noch Klimaanlage; beides ist überflüssig. „Das beste Klima der Welt“, sagen die Leute hier direkt am Äquator. Nachts schön frisch bis 7 und tagsüber nicht mehr als 25 Grad. Wenn die Sonne weg ist, wird es sofort kalt. Im Frühjahr ist hier die Große und im Herbst die kleine Regenzeit. Immer wenn die Sonne über dem Äquator steht, regnet es für rund zwei Monate. Allerdings merken sie hier auch den Klimawechsel schon stark, wie mir der Inder Nain, den ich noch von meinem letzten Aufenthalt her gut kenne, erzählte. Am Morgen des zweiten Januar gab es Frost rund um den Mount Kenia. Er schädigte einen Teil seiner 300 ha Weizen und vernichtete eine Menge Kulturen, vor allem Kartoffel und Mais. Ich merkte den Frost nur insofern, dass ich mir die zweite warme Wolldecke in der Nacht holte. Als ich um 9 Uhr aufstand, hatte die Sonne bereits wieder schön aufgewärmt. Der Pool im Club, braucht bei nur 20 Grad Wassertemperatur, allerdings einige Überwindung.
Das schöne an Nanyuki ist der 9 Loch Golfplatz mit Blick auf den Mount Kenia und dem alten englischen Clubhaus, sowie den blitzsauberen kleinen strohbedeckten Häuschen in denen Gäste wohnen können. Vor den Häuschen stehen gemauerte Warmwasserboiler, die jeden Tag mit Holz befeuert werden, damit sich die Gäste auch warm duschen können. „Es ist noch so ursprünglich englisch, wie man es im heutigen England gar nicht mehr findet“, erzählt mir Jack, ein pensionierter Corporal der englischen Berufsarmee, der hier die meiste Zeit des Jahres verbringt. Schon bei meinem ersten Besuch vor 7 Jahren lernte ich viele Leute hier kennen. Alle sind sehr nett zu mir und sagen bei der Verabschiedung „Karibu“, auf Deutsch, „Willkommen“. Die meisten Clubmitglieder sind heute wohlhabende Schwarze, die die höflichen englischen Sitten zusammen mit den hier lebenden Indern und den Weißen übernommen haben. Alles was in der Stadt Rang und Namen hat, trifft sich hier. Rassendiskriminierung ist nicht zu spüren. Allerdings vermischen sich die Inder im Gegensatz zu manchen Weißen nicht. Nain war, bereits in dritter Generation hier geboren, war nur einmal vor 24 Jahren in Indien um sich eine Frau dort zu holen. Am ersten Januar war ich dort zum Grillen eingeladen. Am Anfang war es sehr schwer für sie, erzählt mir seine Frau. Mit Ihrer Schwiegermutter und Tante, in schönen Saris gekleidet, trugen sie südindische Spezialitäten auf. Nain kümmerte sich um das Spanferkel am Grill, den ihm Stephan vor 7 Jahren mit einem Scheibenwischermotor, untersetzt mir zwei Fahrradketten, baute.
Die Familie sind streng gläubige Hindus. Nain erzählte mir, dass während der Verbrennung eines Leichnams, zu Hause auf einen Tisch Mehl fein aufgeschüttet wird und eine große Schüssel darüber gestülpt. Nach der Verbrennung hat das Mehl Zeichen, aus denen man lesen kann, in welchen Körper die Seele gerade inkarniert hat. Bei seinem Vater war es ein Vogel. Ich fragte ihn, ob es dann sein könnte, dass er dann auch mal als Spanferkel auf dem Grill landen könnte. „Möglich, aber doch unwahrscheinlich“, antwortete er. „Er habe ein gutes Leben geführt und wird deshalb kaum als Schwein geboren werden.“ Er ist aber fest davon überzeugt, dass die Seele nur durch die verschiedenen Formen der Körper lernen kann und dadurch die notwendige Reife erlanget, in die höchste Form zu kommen, um mit Gott zu verschmelzen und nicht mehr den mühsamen Weg, weiterer tausender Inkarnationen gehen zu müssen.
Bei solchen Gelegenheiten unterziehe ich mein Leben manchmal so einer Art Selbstanalyse und finde mich wieder mal ganz schön verrückt. War ich doch erst vor drei Jahren für ganze drei Wochen zur selben Jahreszeit bei einem Schamanen im Amazonasgebiet und jetzt setzte ich mich fast untätig, aber bereits den zweiten Wälzer lesend, für über eine Woche in einen Golfclub am Rande einer afrikanischen Stadt, anstatt wie die meisten Touristen, die hier für meist nur eine Nacht bleiben, „was zu erleben“ und sämtliche Safariparks abzuklappern. Aber wie heißt es so schön, „wenn nichts passiert, dann passiert oft am meisten“, man darf es nur nicht erwarten. Man trifft neben den Durchreisenden, fast jeden Abend die gleichen hier lebenden Menschen, für die der Club so eine Art Stammwirtschaft geworden ist - und ich finde es wahnsinnig spannend näher in ihre Biographien Einblick zu bekommen. Der Pakistani, der es zum größten Metzger der Stadt gebracht hat, sowie den ehemaligen General der kenianischen Armee, der jetzt Schweine züchtet und Fotovoltaikanlagen verkauft. Seine Frau jammerte, wegen ihrer schmerzenden Kniee. Als ich ihr sagte, dass sie sie jeden Tag fünf Minuten lang heiß duschen soll, dankt sie mir jeden Tag für den guten Rat. Vincent, ist 33. Er hat elefantensichere Elektro-Zäune erfunden und ist bereits stinkreich. Den Vorsitzenden des kenianischen Sägewerksverbandes hat er die Serra-Säge so schmackhaft gemacht, dass dieser die erste Säge in Kenia kaufte. Wenn sie die versprochene Leistung bringt, dann kauft er selber eine, denn bei seinem Zaunbau fallen immer wieder schöne Stämme an, wenn er sie durch kenianische, ugandische, oder kongolesische Waldgebiet baut. „Woher denn die armen Dörfer das Geld für die teueren Zäune bekommen, wenn die steigende Elefantenpopulation ihre Pflanzungen zerstören“, fragte ich. „Von euerer Entwicklungshilfe“, war seine Antwort. So was erfährt man natürlich nicht als durchreisender Tourist.
Für englische Touristen scheint der Club hier eine Art Geheimtipp zu sein. Deutsch wird kaum gesprochen. Alle Schwarzen sprechen außer Suaheli und ihren Stammenssprachen, ein meist gutes Englisch. Beim Frühstück treffe ich eine ältere Dame, die in Südafrika geboren ist, in England lebt und die meiste Zeit als Reiseführerin auf der Welt unterwegs ist. Eigentlich ist sie Heimatlos, sagt sie. Eine der wenigen die deutsch sprechenden, ist eine Schwarze, die von hier stammt und in Düsseldorf als Putzfrau arbeitet. Sie baut in der Nähe gerade ein Haus, erzählt sie mir und spart das ganze Jahr nicht nur für den vielen Schmuck, mit dem sie reichlich behangen ist, sondern auf Häuschen und Reise, denn hier ist sie wehr! Plötzlich ruft mir eines Abends ein älterer Mann auf Deutsch, ich soll mich doch mal zu ihm setzten. Er ist 70 und auf der Durchreise mit einer sehr lebendigen schwarzen Frau, mit der er erst seit einem Jahr zusammen ist. Sie, eine erfolgreiche Geschäftsfrau aus Berlin, kauft hier Grundstücke. Für 10 ha hat sie 30 000.- € bezahlt. Ihr 14jähriger Sohn, ein Mischlingskind ist derzeit auf einem Internat in Nairobi. Der Mann hat in Kassel eine Fabrik mit 100 Mitabeitern und stellt unter anderem, ausfahrbare Aussteighilfen für den ICE her. Auch der Flugzeugingenieur der fast jeden Tag mit seiner Frau hier ist, sagte beim Verabschieden auf Suaheli, „Karibu“ zu mir, „Du bist wieder willkommen“. Er, sowie seine Frau, sind schon in der 7. Generation in Afrika, aber immer noch typische Engländer. Interessant, sowohl mit diesen Leuten, als auch mit den hier lebenden Indern, die die Engländer ursprünglich zur Verwaltung der Schwarzen hier her brachten, ein Stück vom Rest des alten englischen Empire zu erleben. Nur das ewige englisch reden nervt mich, da mir doch einige Worte fehlen und ich auch immer wieder Schwierigkeiten habe, dieses Oxfordenglisch zu verstehen.
Was wirklich nicht zu unterschätzen ist, sind die persönlichen Kontakte, wodurch letztendlich auch die erste Serra-Säge ins Land kam. Da Jeder, Jeden kennt und die Leute im ganzen Land sehr gut vernetzt sind, kann das für den Absatz in Ostafrika sehr wertvoll werden. Kenia ist das wirtschaftliche Einfallstor auch für die angrenzenden Länder Tansania, Uganda und vor allen Dingen auch den Kongo, wo es noch sehr viel Holz gibt, erzählten sie mir.
Zweimal in dieser Woche habe ich Golf gespielt. Schwarze warten den ganzen Tag am Eingang, um für 2.- € als Golflehrer angeheuert zu werden. Da sie sehr gute Golfspieler, die meisten mit Handykap 3, aber sonst Arbeitslos sind, könnte man sie sogar als Berufsgolfer bezeichnen. Mein bestes waren 6 Schläge bis ich den Ball im Loch hatte. Das schwierige ist es, den Ball in der richtigen Höhe zu treffen. Ich merkte, dass ich am Ende der 9 Löcher eher froh war, als dass ich noch mal eine Runde gehen wollte und musste mir ehrlicher halber eingestehen, dass mir für diese Art von Sport das Herzblut fehlt. Viel mehr befriedigt es mich, mit der Motorsäge zu Schnitzen.
Heute, den 7. Januar, nahm ich mir für 80.- € einen Fahrer, der mich auf einer, von vielen Schlaglöchern übersäten Asphaltstraße, in 4 Stunden nach Nakuru zum dortigen Safaripark brachte. Alle raten mir ab den berühmten Massaimara Park zu besuchen, da dort die „Hauptgattung die Touristen“ sind. Die Parks sind mittlerweile richtig teuer. Eintritt 80.- Dollar pro Tag und die Übernachtung fast 200.- €. Ganz in der Nähe soll die erste Serra arbeiten, wenn sie nur schon da wäre. Leider ist der Container mit der Säge laut neuester Aussagen, noch auf dem Schiff, wie mir Stephan gestern mitteilte – und wenn er runter kommt, dann dauert die Endzollung sicher auch noch 2 Wochen. Am Montag treffe ich in Nakuru wieder mit Stefan zusammen, dann treffen wir uns anschließend mit Gitonga, dem Käufer und schauen wo die Säge aufgestellt werden soll und was für Holz da liegt. Wenn wir nichts tun können, so haben wir beschlossen, fliegen wir früher heim und Stephan fliegt, wenn die Maschine auf dem Platz steht, noch mal runter.
Der Luxus in diesem Camp ist schätzungsweise auf 4 Sterne Niveau, man fühlt sich aber ständig ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Oft werden einem für Ein und das Selbe drei verschiedene Preise genannt. Beim bezahlen ist es dann aber immer der Höchste. Man schläft in einem großen Zelt mit angebautem gemauertem Bad. Darüber schützt ist ein großes Strohdach gegen die Aufheizung am Nachmittag. Die Besucher bleiben meist nur eine Nacht und kommen zum Großteil aus den USA. Vormittag dreistündige Anreise aus Nairobi, ab 15 Uhr 30, dreistündige Rundfahrt im ca. 50 x durchschnittlich 4 km großen Park, das Selbe am darauf folgendem Morgen um 6 Uhr und dann wieder Abfahrt. Der Park grenzt direkt an die Stadt, ist Wilddicht mit Elektrozaun eingezäunt in dem die wildlebenden, aber total zahmen Gazellen, Impalas, Büffel, Nashörner, Hippos, Zebras, Warzenschweine, eine Menge Affen, ein paar Giraffen, ca. 50 Löwen und 10 Leoparden leben. Elefanten gibt es hier keine. Der im Park liegende, schätzungsweise 5 x 10 km große, leicht salziger See, muss unglaublich viel Nahrung liefern, denn es leben hier unzählige, mir meist unbekannte Vögel. Ich erkannte nur die großen Pelikane und auch die Kormorane. Bekannt ist der See für die 10 000 bis 15 000 Flamingos die sich aber derzeit gerade in Tansania zur Paarung aufhalten. Was mich allerdings heimatlich stimmte, sind die Schwalben, die sich hier scheinbar genauso wohl fühlen, wie bei uns dahoam.
Ich empfinde alle ca. 20 Safariparks in Kenia, die allerdings nicht alle eingezäunt sind und von denen ich bis jetzt vier gesehen habe, ähnlich großen Tierparks, die es nur noch deshalb gibt, weil der Tourismus die Haupteinnahmequelle des Landes ist. Ich glaube diese Gebiete wären schnell besiedelt, wenn der Tourismus ausbliebe und die Bevölkerung sich, wie vorhergesagt, bis zum Jahr 2050 verdoppelt. Afrika soll demnach von einer Milliarde, in 40 Jahren, auf zwei Milliarden anwachsen. Man sieht unglaublich viele junge Menschen. Das Durchschnittsalter in Kenia ist 53 Jahre.
Stephan holte mich Mittag am 9. 1. am Eingangstor zum Safaripark ab und wir fuhren eine halbe Stunde weiter nach Elburgon, der „Holzhauptstadt“ Kenias. Hier gibt es geradezu eine Konzentration an Sägewerken. Alle sind mit hohen Mauern und Stacheldraht vor Diebstählen geschützt. Gitonga quartierte uns in seinem Hotel ein und ich schnaufte wie ein 90jähriger als ich meinen Koffer in den dritten Stock trug. Die Stadt liegt auf 2660 m Höhe. Anschießend zeigte er uns seine primitiven Maschinen. Die alte große Anlage der Firma Stenner, die noch von den Engländern, die 1962 das Land verließen, hier steht. Ersatzteile fehlen. Eine Woodmizer und eine große Kreissäge, durch die sie die Kiefern-, oder Zypressenstämme per Augenmaß von Hand durchschieben, sowie eine stehende Bandsäge zum Nachschneiden, um ja jedes Stück Holz zu nutzen, arbeiten, nach deutschen Verhältnissen mit haarsträubenden Sicherheitsmängeln, angetrieben von Dieselgeneratoren. Trotz aller Primitivität war überrascht sauber und ordentlich.
Die Woodmizersägewerke sind bisher konkurrenzlos in Kenia. Gitonga hat seine Woodmizer über einen Strohmann gekauft, denn sein Nachbarsägewerk, eine indische Familie, hat die Vertretung und die verkaufen nicht an Schwarze um die Konkurrenz klein zu halten. Um so mehr freuen sich alle über die Serra. Es ist eine riesen Cance für uns. „Wenn die so gut funktioniert, wie ihr versprecht, dann verkauft ihr 30 Maschine im Jahr“, versichert uns Gitonga. Die Inder sind verbandelt mit Moy, dem ehemaligen Präsidenten, der hier wohnt, jetzt 87 ist und ganz in der Nähe seine Besitzungen hat. Er hat sogar einen Flugplatz auf dem Airbus und Boing landen können. Das Problem ist die Korruption, sagt man uns. So haben z. B. die Inder einen Staatvertrag um immer genug Holz zu bekommen. Weiter erzählt man uns, dass Moy während seiner Amtszeit für 2 Milliarden Dollar in Malawi 150 000 ha Land kaufte und aufforstete.
Anschließend fuhren wir über die wildesten Lehmstraßen, die in der Regenzeit unpassierbar sind, zu Gitongas Aufforstungsflächen. Ich bewunderte den Mann immer mehr, mit welchem Fachwissen er arbeitet. Er erzählt: „Die berühmte Nobelpreisträgerin kannte ich gut, aber ich habe sicher mehr Bäume gepflanzt als sie“. Mittlerweile sind es alleine hier 60 ha. Wir haben einen Jahreszuwachs von 80 m³ pro ha und Jahr errechnet, da es hier nur 25 Jahre bis zur Hiebreife dauert, im Gegensatz zu uns von 90 Jahren. Seit 22 Jahren pflanzt er, im Verhältnis 40 % Kiefern und 60 % Zypressen Letztere haben ein leichtes und weiches, aber sehr gutes Holz. Wenn die die Rotation fertig steht, kann er ohne Rückgang seiner Holzmenge, pro Jahr ca. 5000 m³ entnehmen, was einen Erlös als Schnittholz von über einer Million € einbringt. Bei Arbeitslöhnen von 60-. bis 100.- € im Monat, ein super Geschäft und ein Beitrag gegen die Klimaerwärmung. Gitonga hat ein hervorragendes Durchforstungs- und Aufastungsprogramm, wie man es bei uns selten sieht. Zwischen den Bäumen wächst noch Graß, von dem noch 90 Rinder satt werden. Zwischen Neuanpflanzungen, die in 3 m Abstand angelegt werden, wird noch, solange die Bäume klein sind und genug Licht zwischen die Baumreihen fällt, Mais angepflanzt, der allerdings, aktuell durch den Reif am zweiten Januar, leider erfroren ist. Gitonga sagte, das sei der erste Frost, den er hier erlebt hat und dass sich das Klima hier stark ändert.
Das leidige Thema ist die am schnellsten wachsende Baumart der Welt, der australischen Eukalyptus, Bäume die doppelt so schnell wachsen als die anderen Baumarten und in allen frostfreien Ländern der Welt, häufig gepflanzt werden, haben wir lange diskutiert. Er hat Bestände, baut sie aber ab, da sie unglaubliche Wasserräuber sind und den Boden sehr stark versauern. Laut Gesetzt müssen alle Bäume die näher als 50 m neben einem Fluss stehen, entfernt werden. Leider sind sie wie Unkraut und treiben immer wieder aus.
Da die Aussicht, dass die Säge innerhalb von 3 Wochen noch kommt, sehr gering war, fuhren wir wieder zurück nach Nanyuki, zum Sportsclub, zu Stephans „zweiter Heimat“, wie er immer sagt. Mir gefällt es hier auch immer mehr, da es wie eine große Familie ist, ich viele gute Kontakte und Freundschaften knüpfen kann und ich mich am Pool sehr gut im Nichtstun tun einüben kann, da ich ja im Februar das Pensionsalter erreiche. Ich hatte mir schon in Egon Langs Reisbüro in Nairobi einen Rückflug für 12. Januar reservieren lassen und dann kam überraschend der Anruf, dass die Säge am 14. am Platz ist. War sicher eine intuitive Eingabe, dass ich meinen Rückflug für 20. buchte.
Die Rückfahrt war abenteuerlich. Wir fuhren fast 5 Stunden, eine um 50 km kürzere Strecke, aber dafür auf rund 100 km Lehmstraße. Die hügelige fruchtbare Landschaft mit der berühmten roten Erde Afrikas, wechselte plötzlich zu einer fast ebenen, trockenen Savannen-Hochebene in der nur mehr trockenes braunes Graß und Büsche zu sehen waren. Immer wieder sahen wir Masai oder Samburus mit ihren Rindern und Schafen umherziehen. Ab und zu auch ihre einfachen Hütten dieser immer mehr zurückgedrängten Halbnomaden, die sich außer einmal in der Woche mit Fleisch, nur mit einem Mixgetränk von Milch mit Blut, ernähren. Dafür wird täglich ein Rind zu Ader gelassen. Angeblich brauchen sie nur einmal die Woche, Groß, auf ein nicht vorhandenes Klo zu gehen. Auch hier scheint das wichtigste moderne Mittel, das Handy zu sein. Ich konnte es kaum fassen, als ich einen traditionell gekleideten Hirten in dieser gottverlassenen Gegend inmitten seiner Rinderherde mit Handy am Ohr erblickte.
Überall wo das Gelände von einem Flüsschen durchzogen ist, sieht man bereits Zäune; Privates Land, in dem die Nomaden außen vor bleiben. Man verfährt hier offensichtlich ähnlich wie in Amerika, wo man den Indianern auch nur das schlechte Land zuwies. Wegen der Schlaglöcher mussten wir oft sehr langsam fahren. Schlimm war es immer wenn der Wind von hinten schneller war, als wir fuhren, oder uns ein Fahrzeug entgegen kam. Am Ende der Fahrt hatte ich das Gefühl meine ganze Staubration für das Jahr 2012 schon geschluckt zu haben.
Die örtlichen Metzger, eine moslemische Familie, sind abends auch oft im Club. Ursprünglich aus Pakistan stammend, sind typische Neureiche. Sie wissen nicht was sie mir ihrem Geld anfangen sollen. Einer der Brüder ließ es sich nicht nehmen und zeigte uns sein zukünftiges Wochenenddomizil. Vier Luxushäuser an einem künstlichen Weiher, ein Vogelfolier und ein Hundzwinger für deutsche Schäferhunde, die hier als Schutzhunde und zur Abschreckung, sehr geschätzt sind, sind gerade im Bau. Ich war erschüttert wie menschenverachtend er mit den Arbeitern umging. Er grüßte sie nicht, schaute sie nicht an und ging vorbei wie an Hunden. Bei der Rückfahrt zeigte er uns am Stadtrand noch ein Stück Land von 16 ha, auf das er als Bauträger Häuser bauen will und an die höheren englischen Soldaten vermieten oder verkaufen möchte, die gerade gegenüber eine ganz neue Militäranlage, die einzige noch verbleibende in Kenia, aufbauen. Insgesamt 12000 Soldaten kommen jährlich für jeweils 12 bis 14 Wochen zur Ausbildung hier her, bevor es weiter nach Afghanistan geht. Ich fragte den Metzger was er mit den paar armen Leuten die hier ihre Hütten bauten, machen wird. „Die sind illegal auf meinem Grundstück. Das dauert nur einen Tag und sie sind weg. Ich zünde sie an“, antwortete er. Ich sagte: „Du kannst sie doch nicht einfach auf die Straße jagen“. „Das ist mir ganz egal, ich bin der eingetragene Besitzer, das ist ihr Problem“, war seine Antwort. Nebenbei rühmte er sich aber, dass er im Monat 50 000.- € verdient und in seinem Leben schon mit 7000 Frauen ohne Condom geschlafen hat und dass 80 % der Leute hier sowieso stehlen. Wie heißt es: „Wenn der Bettelmann aufs Pferd kommt, kann ihn der Teufel nicht mehr einholen (in bayrisch – dareidn)“. Ich würde von ihm auch stehlen was ich könnte, wenn ich in der Situation von ihm abhängig zu sein, wäre. Hier wurde mir wieder mal klar, dass es das Kastensystem nicht nur in Indien gibt. Aber wie lange ist es bei uns erst her, dass ein Knechte und Mägde viel weniger wert waren als die Bauern?
Am nächsten Abend erzählt mir Nain, dass er einen großen Farmer kenne, der seiner Meinung nach ein Sägewerk brauchen könnte. Tags darauf fuhren wir 45 Minuten auf einer guten Asphaltstraße in Richtung Norden und bogen dann auf eine Lehmstraße ein. Riesige Weizenfelder links und rechts der Straße, die mich eher an den Gäuboden, oder die Magdeburger Börde, denn an Afrika erinnerten, führt zum Zentrum der 2600 ha großen Farm. Nach der Fahrt durch ein Desinfektionsbad, ereichten wir die Farm. Auf den dazwischen liegenden Hügeln, die für den Ackerbau zu steil sind, grasen noch 600 Rinder und 20 Pferde. Arbeiter waren gerade dabei, mit CCA (Kupfer/Arsen) imprägniertes Holz, mit bloßen Händen aus der Vakuumkammer zu holen. Bei uns ist dieses Mittel bereits verboten. Sein neuer 250 PS John Deere Traktor und die drei Mähdrescher fahren bereits mir CPS Steuerung auf den Zentimeter genau. Neben der Farm liegt ein farmeigenes kleines Dorf in dem die 120 Arbeiter mit ihren Familien leben. Das Klima auf 2600 m Höhe ist wie in Europa, nur ohne Winter und derzeit kaum Wolken am Himmel. Manche Farmer bauen zweimal im Jahr an, die meisten aber, wie in Europa nur einmal. Chemie wird viel eingesetzt. Neuerdings wird oft pfluglos nach dem Totspritzen des Unkrauts mit Rundap gearbeitet. Die meisten Farmen gehören englischen Familien und haben vor 100 Jahren das Land kostenlos bekommen. Heute kostet ein ha bis zu 15 000.- €. Dieser Farmer hat in England studiert und spricht dieses für mich mittlerweile langsam leichter zu verstehendes Oxfordenglisch. Afrika ist so vielfältig und so anders als man sich das als Deutscher vorstellt und ich bin sehr glücklich das bei uns vorherrschende Safari-Afrika-Bild nur zwei Tage „gekostet“ zu haben. Dank Serra erlebe ich immer wieder Dinge, die ein normaler Tourist nie im Leben erleben könnte. Deshalb fühle ich mich auch immer wieder Lust dazu, dies alles so ausführlich aufzuschreiben.
Heute den 14. Januar tue ich wieder mal gar nichts, außer an diesem Bericht zu schreiben. Morgen geht es dann wieder nach Elbargon. 4 Tage Zeit für die Säge aufzustellen und die Leute einschulen.
Am Sonntag den 15. fuhr ich mit Gitonga, unserem ersten Serrakunden in Kenia, wieder in Richtung Westen. Er hat sich vor 15 Jahren in Nanyuki, Luftlinie ca. 100 km weiter östlich, Land und ein Hotel gekauft, da in Elburgon ein Stammeskrieg herrschte, wodurch er alles verlieren hätte können. Ich konnte live erleben, was so ein VW Tuarek aushalten kann. Das schlimmste sind Schlaglöcher im Asphalt, weil sie viel schärfere Kanten haben, als in einer Naturstraße. Sieben Jahre ist das Auto alt und ist über 400 000 km gelaufen. Weite Strecken auf Schlaglöcherstraße, hat der Wagen hinter sich. Leider ging die Klimaanlage nicht mehr. „Die sind meistens als erstes kaputt, da sie den vielen Staub nicht aushalten“, sagt Gitonga. So mussten wir ihn selber aushalten, da man bei 30 Grad im Savannengebiet, schlecht mit geschlossenen Fenstern fahren kann.
Stephan kam aus Nairobi und wir inspizierten als erstes die Säge, die die Reise um ganz Afrika herum, erst nach Singapur, dort umgeladen und wieder zurück nach Mombasa, gut überstanden hat, aber beim Ausladen durch Unachtsamkeit, beschädigt wurde. Wir fingen sofort an, den Schutzdeckel auszubauen und alles was noch beim Entlangschrammen an der Containerwand beschädigt wurde, so gut es ging, mit primitivstem Werkzeug auszurichten. Ein Fuß war noch abgebrochen, andere verbogen und die Geberleiste für die Höheneinstellung des Computers war unreparabel beschädigt. Hier her einen Computer für die automatische Schnittstärkeneinstellung zu verkaufen, ist genau so sinnlos wie in die Arktis Eis zu exportieren, aber leider, oder Gott sei Dank, sind unsere Verkäufer so dermaßen Geschäftstüchtig.
Der erste Tag sorgte für volle Begeisterung. Die Erwartungen waren voll erfüllt. Allerdings brachten sie gleich einen Stamm mit 110 cm Durchmesser, für den die Säge nicht ausgelegt ist. Hatte damit einige Mühe, ihn klein zu kriegen. Davon haben sie nicht viel, die meisten Stämme sind nur 30 bis 60 cm. Nachbarsäger kamen und interessierten sich ernsthaft für Serra. Der nächste Tag begann dann schon mit Störungen. Der von uns anzulernende zukünftige Säger versuchte einen der großen Stämme zu sägen. Da er mit dem Drehen des Stammes doch so seine Schwierigkeiten hat, kam es zu einem erheblichen Überdruck im Hydrauliksystem, weil er den schweren Stamm auf den ausgefahrenen zweiten Dreher warf. Dabei platzte eine Kupferringdichtung. Leider war natürlich keinen passender Kupferring aufzutreiben und so feilten wir mit einer Motorsägenfeile einen zurecht – und die Hydraulik war Gott sei Dank wieder dicht. Andere Kleinigkeiten wie z. B. nicht fest genug angezogene Schrauben, herausspringende Sicherungen der Elektrik durch Erschütterungen beim Stammladen, sind immer gut, wenn sie bei der Einschulung auftauchen, da sie dabei am besten lernen. Das technische Gefühl, wie ein Europäer haben sie leider nicht.
Die bestehenden Sägewerke sind für unsere Verhältnisse nur Schrott. So um die 50 Männer und Frauen arbeiten meist in einem Sägewerk. Sie arbeiten an völlig frei laufenden Kreis- oder Bandsägen. Alles ohne Schutzeinrichtungen. Mir wurde vom Hinschauen fast schlecht. Es ist laut, aber Gehörschutz ist ihnen fremd. Dass sie mit 40 schon schlecht hören, ist normal. Die Sägewerke der verschiedenen, meist schwarzen Eigentümer, sind hier oft nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt. 60 % des Schnittholzes aus Kenia kommt aus dieser Stadt. Die Tagesproduktion der Hauptware wird gegen Abend auf einen LKW verladen und geht am nächsten Morgen bei Tagesanbruch gleich nach Nairobi. Nachts zu fahren wäre wegen der Überfälle viel zu gefährlich. Gegen 16 Uhr ist er wieder zurück und wird wieder beladen. Die Schwarten werden auf primitivsten Kreissägen noch nachgeschnitten. Es wird jedes nur mögliche Brett, oder Latte herausgeholt. Die Reste, die noch übrig bleiben, gehen als Brennholz reißend weg.
Gitonga erzählt: „Die Stadt hat 130 000 Einwohner, davon leben 40 000 in Slums“. Von anderer Seite erfahre ich aber, dass es nur 25 000 sind. Möglicherweise zählt er das ganze Umland dazu. Sie schaut aber eher aus wie ein Dorf. Stephan meint scherzhaft, wir seien hier die ersten Weißen, seit dem Abzug der Engländer. Jedenfalls sind wir die Exoten hier. Es ist wirklich tiefstes Afrika. Neben den vielen Menschen, tummeln sich Schafe, Ziegen und Gänse auf der „Hauptgeschäftsstraße“. Die Tiere laufen zwischen den Verkaufsständen, die alles mögliche an Essen, Schuhen, Handys, Töpfen und unter anderem auch einer Lieferung europäischer Kleidersammlung, umher. Zwei Kinder ergatterten einen kleinen Balken, den sie auf einen ca. 30 cm großen Stein legten und freuten sich riesig, eine Schaukel zu haben. Wie erinnert mich dieses kindliche Improvisieren an meine Kindheit und ich sehe vor meinem geistigen Auge die CE geprüften blitzsauberen Kinderspielplätze bei uns. Haben wir gewonnen oder verloren? Es ist alles total staubig, da keine Straße befestigt ist und wenn sie es ist, hat sie tiefe Schlaglöcher im Asphalt, In der Regenzeit muss es dafür wohl total schlammig sein. Wie staubt es bei uns oft im Sommer, wenn es mal 14 Tage nicht regnet. Hier ist es ganz normal, dass es 3 bis 4 Monate nicht Regnet. Am besten lebt es sich hier über 2500 m, da es nicht so heiß ist und es dadurch keine so starke Verdunstung gibt und durch die Abkühlung der Luft, auch öfters regnet. Auf der Höhe ist es immer Grün und man sieht viel mehr Bäume.
Geschlafen haben wir in Gitongas Hotel, das er vor 20 Jahren baute. Es war ganz sauber, aber die Treppen zum dritten Stock sind nicht nur alle unterschiedlich, sondern haben auch innerhalb einer Treppe unterschiedlich hohe Stufen. Vor Einbruch der Dunkelheit muss man im Haus sein. Draußen wäre es viel zu gefährlich. In den 12 Stunden Dunkelheit, die das ganze Jahr über fast gleich sind, ist man wie gefangen. Auch für die Afrikaner ist das Leben zweigeteilt. In der kurzen Zeit der Dämmerung, gehen alle heim – bis auf die Krimminiellen, wie man uns erzählt.
Am 18. 1. ging´s, nachdem wir noch mal beim Sägewerk waren und die ganze Maschine abschmierten, zurück nach Nairobi. Wir besuchten auf dem Weg noch zwei Sägewerke, an denen, wie bei allen kenianischen Sägewerken, die Verantwortlichen der deutschen Sicherheitskontrolle total verzweifeln würden. Die Straße führt die meiste Zeit im afrikanischen Graben, der vom See Genezareth über 9000 km bis Mosambik, lang ist. Über dem Gebirgszug, bevor man auf die, „nur“ auf 1600 bis 1800 m liegende, 5 000 0000 Stadt kommt, führt die Straße durch einen Forst, der an Europa erinnert. Stephan brachte mich zum sehr mondänen und ebenfalls sehr englischen, „Nairobi Club“, einem Partnerclub von Nanyuki, in dem alle mit Krawatte herumliefen. Ich hatte natürlich keine dabei. Stephen schlief bei seinem Schwager.
Ich nutzte den freien Tag um das berühmte Nationalmuseum, mit der angeblich weltweit größten Sammlung prähistorischer Ausgrabungen zu besuchen. Ich wollte endlich mal die 3,5 Millionen alte „Luzy“ kennen lernen. Aber nicht nur die 150 000 und 200 000 Jahre alten Schädel des Homo Sapiens konnte ich bewundern, sondern auch die Schädel der 3,5 bis 1,8 Millionen alten Vorgänger, die im Norden Kenias und in Tansania gefunden wurden. Dieses Museum ist eine absolute Rarität, die ich nur Jedem empfehlen kann, den es auch mal nach Nairobi verschlägt. Der älteste dort ausgestellte Schädel ist 17 Millionen Jahre alt und unterscheidet sich schon von einem Affenschädel.
Die letzten Zeilen tippe ich gerade im Flughafen. Eine ganz tolle Erfahrungsreise geht dem Ende zu……… Der achteinhalbstündige Rückflug von Nairobi nach Amsterdam war wie ein erster Klasse Flug. Ich hatte 3 Sitze am Fenster.
Die ersten 8 Fotos unten sind vom Handy. Die von der Kamera habe ich noch nicht im Computer. Sende später noch welche. |