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Meine Reiseberichte
Mittelamerika- & Chile-Reisen im Frühjahr/Sommer 2011
    - mit Fotos -
Reisebericht aus Uruguay & Paraguay & Chile im Mai 2011 - Teil 2


Ein Tag und zwei Nächte in Asuncion, der Hauptstadt Paraguay´s:

Der ganze Vormittag und auch noch der Nachmittag, war bis 16 Uhr mit Briefings und Empfängen ausgefüllt. Interessant unter all den Zahlen war, dass Uruguay die jüngste Bevölkerung von ganz Lateinamerika und dazu eine der höchsten Arbeitslosigkeiten, gepaart mit einer hohen Wohnungsnot aufweist, wodurch soziale Spannungen vorprogrammiert sind.
 
Hier hatten wir auch die Gelegenheit, im Gegensatz zu Uruguay, uns in einer Runde vorzustellen. Ich sagte, dass ich aus zwei Gründen hier bin.

1. Um unsere Sägewerke zu verkaufen und
2. Weil ich Holz für Haiti suche, da ich dort möglicherweise ein Holzbauschule gründen werde.

Olav von Brandenstein, der Leiter von Kolping, der unter anderem auch als Übersetzter dabei war, kam anschließend gleich auf mich zu und wollte mehr über die Holzbauschule wissen.
 
Er erzählte, dass Kolping die einzige Institution im Land ist, die Handwerksausbildung in verschiedenen Berufen anbietet. Derzeit bilden sie 1.600 junge Leute pro Jahr aus. Auf 5.000 möchte er in den nächsten Jahren kommen. Er war aus oben genannten Gründen sehr interessiert mit mir zusammenzuarbeiten. Auf meinem Laptop zeigte ich ihm die Fotos meiner Holzbauseminare, bei denen wir immer ein Modell von 1 : 4 bauten. Das Interesse an meinen Seminaren überrannte mich zwischen 1991 und 2000 förmlich. In dieser Zeit hatte ich mit meinem Freund Peter Mair einen Bauingenieur als Mitarbeiter, der mir bei den dreitägigen Seminaren immer half. Ca. 4.000 Seminarteilnehmer dürften es in dieser Zeit gewesen sein. Möglicherweise sollte ich meine Erfahrung, bew. Talente, noch mal in anderen Teilen der Welt zur Verfügung stellen. Ja vielleicht durfte, sollte, ich meinen schweren Unfall deshalb überleben???
 
Am Abend dann der Botschafterempfang. Die Frau Botschaftsrätin, die Zweite in der Ranghöhe lud in das Privathaus des Botschafters Ellert ein, der, wie oben erwähnt, leider nicht anwesend war. Mario Bomelli, der Verwalter von Leonhard Härtl aus München, der dort eine Estanzia mit 17.000 Rindern betreibt und die erste Serra in Paraguay kaufte, war auf meinen Wunsch hin auch als Gast erschienen. Vor kurzem besuchte er unsere Firma in Rimsting.
 
Der Vater von Alexander Höckle, dem Leiter der Lateinamerikaabteilung der IHK München und Oberbayern, ist noch in Paraguay gebohren. Er wanderte zurück nach Deutschland. Vor 110 Jahren kam der erste Höckle hier her und fing an eine Dynastie aufzubauen, vor allem in der Zuckerproduktion. Mittlerweile gibt es bereits ca. 100 Höckles in Paraguay. Alexander stellte mir seinen Cousin, der im Holzgeschäft tätig ist, vor. Er spricht noch fließend und ohne Akzent deutsch. Laut seiner Auskunft hat die Holzwirtschaft in dem Land noch keine hohe Bedeutung. Aber es wird tüchtig aufgeforstet. Er erzählte, dass es mittlerweile von der schnellwüchsigsten Baumart der Welt, dem australischen Eukalyptus 70 verschiedene Sorten gibt. Unter anderem auch eine Weichholzart, die zum Bauen verwendet wird und eine in Brasilien gezüchtete Energieholzart, die alle 4 Jahre mit einem fahrbaren Häcksler, der wie ein Mähdrescher beim Getreide über das „Holzfeld“ fährt und Hackschnitzel produziert. Er interessierte sich sehr für Serra. Allerdings sagte er, dass die Menoniten im Land auch ein Sägewerk produzieren. Er versprach mir, darüber Informationen zukommen zu lassen.
 
Am letzten Tag war die Gruppe am Vormittag noch auf dem Landgut der Höckles eingeladen. Zeit blieb noch, da der Flieger erst um 17 Uhr zurück nach Europa startete. Ich konnte nicht mehr mit, da mein dreistündiger Flug nach Santiago schon um 12 Uhr los ging. Der Flug führte in Richtung Südwesten. Ich sah unten sehr trockenes Land. Hier heißt es Pampa, in Afrika Savanne und in Nordamerika ist das der wilde Westen. Immer ein erhebender Anblick ist es, wenn plötzlich die Anden auftauchen und der Flieger im Sinkflug nach Santiago nur mehr ein paar hundert Meter über den Gipfeln der Fünftausender schwebt.
 
In Chile:
 
Nach vierstündigem Aufenthalt am Flughafen ging es 700 km weiter nach Süden. Dort empfing mich der chilenische Winter. Es war saukalt und nass, ähnlich wie bei uns im November. Um 18 Uhr wird es schon dunkel und um 7 Uhr 30 erst wieder hell. Am 24. Juni ist dann Wintersonnwende. Das wird hier größer gefeiert als Weihnachten. „Santa Juan“, „Johannes der Täufer“! Die Kirche war so schlau Johannes auf diesen Tag zu setzten, weil Johannes der „Vorläufer Jesu“, mal sagte: „Wenn er kommen wird, dann werde ich gehen“. Die Winter sind hier zwar wesentlich milder als bei uns, aber die Häuser sind kaum isoliert, haben selten, außer einem kleinen Eisenofen, eine Heizung und fast ausschließlich nur Einscheibenverglasung. Morgens ist es drin auch kaum wärmer als draußen mit minus 2 bis + 5 Grad. Es erinnerte mich sehr stark an meine Kindheit, im ungeheizten Bauernhof. Wenn man Glück hat, geht es tagsüber dann mal auf 15 Grad. Die Sonne, ich erlebte auch ein paar schöne Tage (aber dafür wolkenlose kalte Nächte), scheint dann so kräftig wie auf dem Vorderfuß Italiens, der in etwa dieselbe Distanz zum Äquator wie Villarrica hat. Die Gegend und die Vegetation ist unserer sehr ähnlich, was der kalte Humboldtstrom bewirkt, nur eben die Winter sind milder. Die Wiesen sind noch grün und die Rinder auf den Weiden. Aber mir ist lieber ein strenger Winter und ein warmes Haus!!! (-;
 
Jedenfalls kränkle ich derzeit so dahin. Es hat mich wieder mit meinen Bronchien erwischt und so hab ich auch Zeit zum Nachdenken und kann die Leute verstehen, die mich ein wenig verrückt finden. (Ich mich selber mittlerweile auch.) Kam ich doch erst um den 20 Januar von meinem zweimonatigen Aufenthalt aus Mittel- und Südamerika zurück. Dem folgten im Februar 10 Tag Israel. Dann am 2. März mein Unfall. Davon kaum genesen, am 26. April wieder für 10 Tage nach Haiti und nach einer Woche zu Hause, der Antritt zu dieser Reise. Ich brauche mich nicht zu wundern, wenn mein Immunsystem rebelliert. )))-; Aber ich habe ihm jetzt eine lange Pause versprochen. (-;
 
Am Sonntag bekam ich dann die erste Watschen von meinem Körper. Am Samstag hatte ich noch mit einem Indianer in der Rucka seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert und den so genannten Chicha (in deutsch Didscha), einen halb vergorenen Apfelsaft getrunken, der meinen Gedärmen gar nicht gut tat. Am Sonntag war ich dann blass vom vielen Durchfall und wäre von einem kurzen Spaziergang kaum mehr heim gekommen. Es schoss noch eine „Hexe“ in meinen Rücken, das Knie schmerzte und die linke Schulter sowieso, seit sich der ganze Rückenschmerz vom Unfall nun auf dieses Schultergelenk zurückgezogen hat. Bin gespannt ob das noch ausheilt. Derzeit bin ich in meinen Armbewegungen ganz schön eingeschränkt. Ich merke das schon beim aus- und anziehen von einem Pullover, von denen ich ständig zwei trage, plus einem warmen Winterhemd.
 
Andererseits ist diese Reise sehr fruchtbar. Manchmal stelle ich einfach Intuition über Vernunft. Gerade durch den Unfall, sind auch bei meinen ca. 30 Familien, die von meinem Mercado leben, Ängste entstanden, wie etwa: „Was wäre wenn er tot gewesen wäre? Dann kauft ihn irgend ein Investor und schmeißt uns raus!“ Mittlerweile ist er der beste Markt in der 30.000 Einwohnerstadt Villarrica. Ich besprach mich mit Juristen, ob es eine Teilungsmöglichkeit, ähnlich dem deutschen Eigentums-wohnungsrecht, gibt. Die Auskunft war positiv, obwohl sie ein wenig schwimmen, da das bei einem Markt mit kleinen Lädchen von 4 bis 20 m² noch niemand vor mir machte.
 
Am Mittwoch stellte ich diese Möglichkeit den Leuten in einer „Reunion“, einer Versammlung in unserer Indianerrucka vor. Als Kaufpreis habe ich die zehnfache Jahresmiete festgelegt, was einer zehprozentigen Verzinsung gleichkommt. Damit liegen die Läden zwischen 4.000.- und 10.000.- €. Die 10 %ige Verzinsung kapieren allerdings die wenigsten, denn rechnen können sie kaum. Für ganz einfache Rechnungen, wie zum Beispiel 20 minus 7, nehmen sie schon den Rechner. Jedenfalls stieß mein Vorschlag bei den Meisten auf Begeisterung. Allerdings möchten sie mit dem Kauf bis nach dem nächsten Sommer, bis Ende Februar warten. Da können sie jetzt sparen. Wenn es mir nicht zu mühsam wäre, bräuchte ich ihn nicht zu verkaufen, da es derzeit eine gute Rendite mit Wertseigerung ist, aber ich möchte jetzt meine ganze Kraft auf mein Projekt in Seeon konzentrieren. Was mir allerdings schon ein wenig abgehen wird, ist die zwischenmenschliche Seite, die hier, wie überall in Lateinamerika sehr herzlich ist. Aber jedes Jahr herzufliegen, um Probleme zu lösen, ist auch nicht lustig.
 
Sicher fragst Du Dich, wie das so mit der Sprache ist. Die einfachen Dinge kann ich selber und die komplizierten übersetzt mir Radscha, die Nachbarin. Ihr Vater kam 1949 nach dem ersten Krieg in Israel aus Bethlehem und er schickte seine Tochter auf die Deutsche Schule, die heute noch beste Schule der Gegend. Gegründet von Karl Weber, der vor vielen Jahren aus Linz kam und hier sein Glück machte.
 
Weggefahren bin ich nur einen Tag. Ich besuchte mit einem befreundetem Paar, ca. drei Autostunden entfernt eine deutsche Familie aus Oberrat, die sich vor drei Jahren  eine wunderschöne Wildnis von 1.250 ha in einer Höhenlage zwischen 1000 und 1600 Metern kauften und dort wie die Pioniere im wilden Westen, mit Landwirtschaft begannen. 90 ha haben sie schon gerodet. Sie bauen sogar Hafer für die Pferde an. Jörg und Marion, das befreundete Paar, sollen dort den Tourismus aufbauen. Außer den Blick auf 3 wunderschöne Vulkane, ist auch noch ein 60 ha großer See ihr eigen. Allerdings ist es sehr abgelegen und es liegt auch schon Schnee dort. Der liegt ziemlich einheitlich derzeit ab ca. 800 bis 1.000 m. Der wirklich sehr nette 26 jährige Sohn Marco, ist mit Leib und Seele Landwirt. Vor drei Monaten folgte ihm seine 25 jährige Freundin, eine Physiotherapeutin, die dann ihre Kenntnisse bei den Touristen anwenden möchte. Marco interessiert sich für eine Serra. Er möchte ein Sägewerk kaufen und dann auch die Vertretung für Chile aufbauen. Ich habe ein sehr positives Gefühl bei ihm.
 
Die Natur in Chile bietet immer wieder Überraschungen. Auf dem Weg dorthin sah ich einen ganzen Schwarm großer Vögel, ähnlich wie bei uns die Krähen. Als sie näher kamen entdeckte ich, dass sie grüne Papageien sind. Hab die in den Sommermonaten noch nie gesehen. Wahrscheinlich waren es Zugvögel, was auch die Schwarmbildung erklärt. Kleinere Papageien hatte ich schon mal 2000 km weiter südlich in Patagonien gesehen.
 
An unseren Sägewerken besteht erstmals aussichtsreiches Interesse. Mit Jorge Codowetzky, einem Deutschstämmigen (sein Groß- oder Urgroßvater war kaiserlicher Kupferstecher in Berlin), verbindet mich seit Anfang eine Freundschaft. Er hat vor 10 Jahren das erste und bisher einzige Sägewerk in Chile von uns gekauft. Derzeit gibt es für Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen 50 % Staatsbeihilfen, denn erstens hat Chile durch den hohen Kupferpreis (40 % des Weltkupfers kommen aus Chile) sehr viel Devisen und zweitens hat der Präsident, man kennt ihn seit dem Mienenwunder aus dem Fernsehen, die Senkung der Arbeitslosigkeit versprochen. Jorge ist schlau. Er stellte mir einen Investor, der eine ganze Anlage mit zwei Sägewerken kaufen möchte, vor. Von uns bekommt er dann sowohl für eine neue Säge für ihn und die vermittelten Sägewerke Provision, die dann die andere Hälfte seines Sägewerkes bezahlen würde.
 
Ebenso führte ich den Sägenfilm einem Nachkommen von Erzherzog Johann, das war der, der auf den österreichischen Thron aus Liebe zu der Postmeistertochter aus Bad Ischel verzichtete, dem Christian Wagner, von unserer bisher größten Anlage, die in Dubai läuft, vor. Er ist auch ein Verwandter mütterlicherseits von unseren Guttenbergs, ebenso wie seine Frau die väterlicherseits verwandt ist. Seine Mutter ist eine geborene Mayr Melnhof aus Salzburg und die Tante von Doraja Eberle, die die Aktion „Bauern helfen Bauern“, in Exjugoslawien, die Holzhäuser die ich damals entwickelte, groß machte. Die heute über 80 jährige sehr rüstige Dame, lud mich freundlicherweise zum Essen auf ihren wunderschönen 3.000 ha großen Familienbesitz, ca. 15 km von Villarrica entfernt, ein. Sohn Christian baute das familieneigene Sägewerk groß auf. Dort wird aber nur Kiefern- und Douglasienholz gesägt. Derzeit überlegt er eine eigene Linie für Hartholz aufzubauen und da könnte er sich eine Serra gut vorstellen. Im Juni bekommt er ein Angebot von uns.
 
Die ganze Region Aurakaria ist voll von Holzindustrie. Holz wächst ungefähr drei mal so schnell wie bei uns. Eukalyptus ist mit 12 Jahren hiebreif, Kiefer mit 18 und Douglasie mit 25 Jahren.
 
Der „Nachhauseritt“ wird noch mal ganz schön anstrengend. Morgen fahre ich mit dem Nachtbus von 21 Uhr 30 bis 7 Uhr morgens nach Santiago. 40.- € kostet die Premiumklasse mit Bett. Mittag startet dann der dreizehnstündige Flug nach Madrid und zwei Stunden später der fast dreistündige Flug nach Frankfurt. Von dort aus fahre ich dann mit dem Zug noch ca. vier Stunden nach Hannover zur größten Holzmesse der Welt, die bis Freitag dauert. „An Samsdog den 4. Juni kime nachad wieda hoam!“
 
Liabe Griass
Griass
Hans

27. Mai 2011

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