Nachdem es schon eine gewisse Tradition ist, Dich auf meinen Reisen immer “mitzunehmen“, möchte ich mich auch dieses mal wieder melden. Wenn ich so anfange zu Schreiben, denke ich immer, ob es nicht der eine oder andere als Angabe auffassen könnte. Aber diesen ev. aufkeimenden Gedanken möchte ich auch gleich mein Gefühl der Reisemüdigkeit gegenüberstellen. Ich freu mich jetzt so richtig, mal länger zu Hause zu bleiben und diese Reise-Strapazen hinter mich lassen zu können. Auch schon deshalb um der „Reisedroge“ entgegenzuwirken.
Die elfköpfige IHK Unternehmerreise, angeführt von Anton Kathrein aus Rosenheim, diente Geschäftsanbahnungen in diesen Ländern. Der Flug führte von München über Madrid, Buenos Aires nach Montivideo, der 1,5 Millionen zählenden Hauptstadt Uruguays. Da wir in München erst am Abend wegflogen und ich noch den ganzen Tag viel zu erledigen hatte und wir am nächsten Morgen um 10 Uhr ankamen und gleich das Programm bis Mitternacht begann, zählte ich dann 47 Stunden bis ich wieder in einem Bett lag. Allerdings hatte ich das große Glück beim Transatlantikflug 4 Sitze für mich alleine zu haben.
Die Tage verbrachten wir alle in dunklen Anzug und Krawatte. Die Begrüßungen mit den so genannten Briefings, laufen fast immer gleich ab. Das sind die Leute von der Botschaft, die Vorsitzenden der Verbände und der Kammern und natürlich auch von der Politik. Das war in diesem Fall in jedem Land ein Minister. Man lässt dann mehrmals die selben Statistiken und Länderzahlen über sich ergehen und muss immer aufpassen nicht einzuschlafen, denn die 5, bew. 6 Stunden Zeitverschiebung machen sich ja auch noch bemerkbar. Man spürt dass die beiden kleinen Länder, Uruguay halb so groß wie Deutschland, mit 3,5 Millionen Einwohner und Paraguay ca. 10 % größer als Deutschland mit 6,5 Millionen Einwohnern, sich sehr gehrt fühlten, das erste mal von einer deutschen Wirtschaftsdelegation besucht zu werden. Natürlich fehlte in keinem Land am Abend der offizielle Empfang in der deutschen Botschaft. In Uruguay natürlich am Anreisetag, da wir dort ja fast zwar 2 Tage, aber aus Zeitgründen nur eine Nacht waren.
Der Kathrein Doni überreichte immer einen kleinen handkolorierten Maibaum und hielt dazu eine launige Begrüßungsrede. Er macht das wirklich gut. Manche Leute bei uns reden ja negativ über ihn, was ich aber als typisch deutsches Neidgehabe empfinde. Schließlich gibt er als größter Antennenhersteller weltweit mittlerweile 6400 Menschen Arbeit. Menschlich ist er sehr angenehm und rücksichtvoll. Wir verstanden uns sehr gut und duzen uns mittlerweile. Auch sein Geschäftsführer, ein sehr netter Mann, seiner Fabrik in Brasilien, war auch mit dabei. Dort produzieren 400 Arbeiter.
Die Delegationsteilnehmer kamen aus allen Schichten. Ein Anwalt einer großen Münchner Kanzlei, ein Ingenieur für Brücken und Eisenbahntechnik, der Chef einer Fassadenbaufirma, die Inhaberin einer Fabrik für Elektronikbauteile, ein Mann für Militärtechnik, einer der Meeresalgen für immerwährende Jugend herstellt und in Paraguay stießen noch zwei Leute vom Erdinger Weißbier dazu. In 81 Ländern sind die schon vertreten. Na ja, unsere Serra Sägewerke laufen ja auch schon in über 60 Ländern.
Das wichtigste sind natürlich die Einzellgespräche. Dazu haben die dortigen Kammern sehr gute Arbeit geleistet. Sie laden für jeden Gesprächspartner mögliche Geschäftspartner aus seiner Branche ein. Auf nummerierten Tischen in einem Saal stehen Aufsteller mit Foto und unseren Namen. Die Zeit und die Reihenfolge mit den Gesprächspartnern, ist genau eingeteilt. Nette Hostessen geleiten die neuen Teilnehmer zu den Tischen oder erinnern, dass die Zeit abgelaufen ist und der nächste schon wartet. Übersetzer stehen natürlich auch zur Verfügung.
Drei sehr gute mögliche Vertreter für Serra stellten sich in Uruguay vor. Ich konnte dadurch sehr viel Hintergrundwissen erfahren. Da in diesem Land die Holzwirtschaft noch sehr jung ist, es wird seit ungefähr 20 bis 30 Jahren sehr viel Weideland aufgeforstet, ist derzeit vieles im Aufbau und wichtig jetzt einzusteigen. Die amerikanische Konkurrenz „Woodmizer“, hat bereits quer durch seine gesamte Modellpalette, 50 Maschinen im Land.
Der erste Interessent waren Vater und Sohn, die einen Holzhandel betreiben, alle Sägewerke des Landes kennen und jetzt selber eine Säge kaufen wollen und den Vertrieb übernehmen. Sie sind deutscher Abstammung und sprechen auch noch deutsch. Sie haben mir sehr gut gefallen. Als zweites stellte sich eine Powerfrau vor, die noch im Forstministerium arbeitet und mit 60 bald in Pension geht. Sie kennt alle und jeden in der Branche und möchte diese Kontakte weiter als Serra Vertreterin nutzen. Der Dritte war ein sehr seriöser älterer Menonit, der ebenfall perfekt deutsch sprach und einen großen alt eingesessnen Maschinenvertrieb hat. Es versprach mir den Markt zu prüfen, wie unser Preis/Leistungsverhältnis in seinem Land ankommen würde.
Gegen Ende des zweiten Tages besichtigten wir noch den Containerhafen, einen der größten in Südamerika. Montivideo, die europäischste und eine der schönsten Städte des Kontinents, liegt nicht am Meer, sondern am Rio de la Plata, mit über 200 km Breite, der größten Flussmündung der Welt. Die Fahrrinne wurde bis auf 14 m Tiefe aufgebaggert, so dass alle Ozeanriesen anlegen können und von dort aus in die Mercosur-Staaten, einer Freihandelszone der Länder Uruguay, Paraguay, Argentinien und Brasilien, verteilt werden können. Das meiste wird auf kleinere Schiffe umgeladen die unter anderen die Häfen der Hauptstätte Buenos Aires und Asuncion anlaufen können.
Wir kamen so knapp zum Abflug nach Paraguay, dass wir schon namentlich aufgerufen wurden. Leider ging es nicht direkt, sondern mit umsteigen in Buenos Aires. Da sie nicht in der Lage waren, das Gepäck durchzuchecken, mussten wir auch noch in Argentinien für eine Stunde einreisen und die ganzen Zollformularitäten erledigen. Todmüde kamen wir in Asuncion um 23 Uhr 30 im Hotel an. Die deutsche Botschaftsrätin meinte es uns noch so gut und referierte im Foje noch fast eine Stunde. Bedauerlicherweise war Botschafter Ellert nicht im Lande. Er begleitete gerade den Präsidenten nach Deutschland, der diese Woche von Frau Merkel empfangen wurde. Ellert war letztes Jahr noch Botschafter in Kuba. Ich hatte mich dort mit ihm lange und gut unterhalten, vor allem über seine fünfjährige Tätigkeit als Botschafter während des Krieges im Irak.
Liebe Grüße
Hans |