Fuer mich ist es nicht
nur der Kontrast vom Winter zum Sommer, sondern auch das Leben vom
beschaulichen Stetten mitten in die 30 000 Einwohner zaelende Bezirkshauptstadt
Villarrica. Eine Erfahrung ist z.B. das ich eigentlich kein Auto
brauche. Ob das gute Eis um die Ecke, die frische Breze beim deutschen
Baecker, das Internetkaffe, oder die Stammkneipen, das Einkaufen
im Supermarkt, oder der Gang zum Notar, den man wegen jeden kleinen
Vertrag, wenn ein Marktstand vermietet wird, braucht, alles geht
zu Fuss. Momentan sind fast alle Staende vermietet. Zum Beispiel
hat in einem Stand die hiesige Indianderorganisation ihr Boero mit
Computer natuerlich. Den Fuehrer kenn ich schon lange. Er war auch
schon ein paar mal in Genf bei internationalen Indianertreffen.
Villarrica ist auch Bischofssitz.
Der Bischof heist Parzinger und ist am Tachinger See aufgewachsen.
Seine Gleaubigen werden aber immer weniger. Ich schaetze dass in
Villarrica mindestens 10 verschiedene christliche Kirchen sind.
Meist amerikanische Sekten. Die Buergermeisterin hat mir erzaehlt,
das ihr Grosvater aus Trostberg stammt. Die reichsten Leute in der
Gegend sind Palestinaenser. Sie haben hier die Supermaerkte aufgebaut,
die den unsern in nichts nachstehen, oder sogar noch besser sind.
Es gibt aber auch sehr viel kleine Geschaefte und Tante Emma Laeden.
Die Stadt liegt direkt
am Ausfluss, so wie Seebruck, des gleichnamigen Sees, der etwa 2
mal so gross wie der Chiemsee ist, in eine breite Halbinsel gebettet.
Wenn ich von meinen Markt ca. 200 Meter zum Strand gehe, schaue
ich genau so wie am Chiemsee auf 1200 bis 1800 m hohe Berge. Allerdings
liegt der See nur 250 m hoch. Ringsrum sind Huegel, ebenfalls wie
bei uns. Die Berge sind teilweise eingegossen von dem 2850 m hohen,
ebenfalls gleichnamigen Vulkan, so als wuerde er zwischen Reit im
Winkel und Kufstein stehen. Er ist uebrigens der einzige von den
44 chilenischen Vulkanen der oben offen ist und man die rote Lava
sehen kann. Du kannst ja mal Villarrica Chile eingeben, es gibt
da einiges zu sehen. Es ist hier eine der Haupturlaubsgegenden von
Chile.
Villarrica ist so wie
alle Staedte und Doerfer, in den von den Spaniern eroberten Gebiete,
in Quadras eingeteilt. Das sind immer ca. 100 m auf 100 m grosse
bebaute Quadrate und dazwischen sind meist breit angelegt Stassen,
Gruenstreifen und Gehsteige. Die Strassen sind heute zum Grossteil
Einbahnstrassen. In der Mitte der Orte blieb immer eine Quadra unbebaut;
das ist dann bis zum heutigen Tag so und ist meist ein schoener
Park mit grossen Baeumen, die Plaza. Fuer die Spanier war das der
taegliche Exerzierplatz, um Macht zu zeigen und dadurch Unruhen
vorzubeugen.
Vom Wetter brauche ich
mich nicht so gross umstellen. Es hat gerade 2 Tage geregnet und
es was genau so saukalt wie bei uns manchmal im Juni. Die Jahresniederschlaege
liegen hier bei 2000 mm. Zum Vergleich bei uns im Landkreis Rosenheim:
1200 am Chiemsee, 2400 in Sachrang und nur 900 in Vogtareut.
Villarrica liegt ungefaehr
etwas unterhalb der Mitte des 4300 km langen und nur im Durchschitt
180 km breiten Landes, dessen Grenze der Andenhauptkamm und der
Pazific sind. Von den 16 Mill. Einwohneren leben 6 Mill. in der
700 km entfernten Hauptstadt. Es gibt deshalb wie bei uns sicher
auch vor ein paar hundert Jahren total duenn besiedelte, wilde und
einsame Gegenden.
Gestern hatten wir rauschende
Hochzeit bei strahlendem Sonnenschein. Es waren etwa 30 Rheinlaender
da, so eher Neureiche, na ja, es sind hald keine Bayern! Die zweisprachige
Trauung spendete ein Kapuzinerpfarrer aus Eichstaett, den ich schon
laenger kenne. Im Maerz war sein Bruder auf Besuch hier. Er ist
Bauer, heisst Bauer und laesst immer von einer Serra Saege sein
Holz schneiden.
Heute regnets wieder
und es ist kalt.Die Haeuser sind hier ja nicht so gut isoliert und
bei weitem nicht so gut gebaut wie bei uns, weil die Winter milder
sind als bei uns und die Leute aermer. Der Mindestlohn hier liegt
bei 200.- Euro und viele bekommen auch nicht mehr. Dementsprechend
niedrig ist auch die Kaufkraft, dafuer aber die Kleinkriminalitaet
hoch - und viele bekommen keine Arbeit, weil sie immer noch zu teuer
sind, fuer das was sie koennen. Ist ja gerade ein heisses Thema
auch bei uns. Ich sehe fast taeglich die Nachrichten auf deutscher
Welle.
Morgen gehts 400 km nach
Norden Richtung Equator, da ist es trockener und waermer, zum "in
die Wildnis reiten". Ich freu mich schon drauf.
Na dann bis zum naechsten
mal.
Ganz liebe Gruese Hans
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